Teil 2 Mazedonien und Griechenland

Gefahrene Strecke bis Nea Peramos und geplante Fortsetzung bis Alexandroupolis
Gefahrene Strecke bis Nea Peramos und geplante Fortsetzung bis Alexandroupolis

Samothraki – Loutros (beim Evrou Delta Park)  31.08.2019   28,2 km  ↑191 m    ↓210 m

Route: Therma, Kamariotissa, Fähre nach Alexandroupolis, Loutros

Wir verlassen heute die Insel, da niemand weiss, wie lange die Fähre noch in Betrieb ist. So ist heute ein richtiger Exodus in unserer Unterkunft. Die Unterkunftsbetreiberin, Alexia, nimmt heute auch Abschied von ihrer Familie, die wieder zurück nach Deutschland kehrt. Erst in einem Jahr sehen sie sich wieder. Im Dörfchen leben bald nur noch die 23 einheimischen Bewohner. Die Lebensgeschichte von Alexia bewegte uns. Alexia und ihr Mann lebten für viele Jahre in Deutschland. Beide arbeiteten in der Autoindustrie. Ihre Tochter studierte in Deutschland, während ihr Sohn in Griechenland ein Studium machte. Er verliebte sich während dieser Zeit in eine Griechin und heiratete. Alexia und ihr Mann brachen die Zelte in Deutschland ab und folgten ihrem Sohn nach Griechenland, wo sie auf der Insel Samothraki, in Therma, ein kleines Hotel eröffneten. Mit der Krise verlor ihr Sohn und seine Frau ihre Arbeitsstellen. Beide zogen zurück nach Deutschland, wo er mit seinem Schwager ein Ingenieurbüro aufbaute. Eigentlich träumen und Alexia und ihr Mann davon, auch wieder nach Deutschland umzusiedeln, da sie hier alle ihre Angehörigen verloren haben. Ein Verkauf des Hotels bringt ihnen nicht genug ein, damit sie in Deutschland leben könnten und die Rente allein genügt auch nicht. 


zwei „velofreie“ Tage mit Baden und mit Wanderungen   29.-30.08.2019

30.08.2019

Samothraki, die nördlichste griechische Insel in der Ägäis, ist von besonderer Naturschönheit: steile Berge, wilde Klippen, Bäche, Schluchten, Wasserfälle, kleine Seen und ausgedehnte Wälder.
Wir haben vernommen, dass es in Therma (der Name lässt es ja vermuten) heisse Quellen gibt und wir fragen nach den anscheinend öffentlichen Becken. Ca. 5 Minuten westlich des Dorfes zu Fuss auf einem Naturweg finden wir die drei Becken in der einsamen Natur. Es riecht herrlich nach Schwefel und das trübe Wasser ist angenehm warm bis heiss. Wir nutzen die Gelegenheit und nehmen gleich ein ausgedehntes Kurbad mit Blick auf das Meer. 

Heute steht eigentlich Kultur auf dem Programm: wir wollen anschliessend zur Kultstätte der großen Götter in Paleopolis fahren. Die Mittagshitze ist am Aufkommen und wir ändern unser Programm spontan: 

Wir machen wieder eine Schluchtenwanderung zur „Grigorakis Gorge“ (Schlucht), die zirka 8 km östlich von Therma liegt. Vom gut belegten Parkplatz wandern wir ca. 5 km zum Teil über schwieriges Gelände durch das kühle Tal. Wie gestern finden wir wieder Natur pur mit riesigen Bäumen und das muntere Gurgeln des Baches begleitet uns auch wieder. Beim obersten Teich angekommen finden wir so viele Leute, dass wir gleich auf ein Bad verzichten. Auf dem Hinweg haben wir ein lauschiges Becken ins Auge gefasst. Da lassen wir uns nieder und geniessen ein erfrischendes Bad im kristallklaren Wasser. Ein Frosch will uns keine Gesellschaft leisten und verschwindet. Auf dem Rückweg auf der Hauptstrasse lockt uns ein kleines Holpersträsschen, das uns zum Meeresstrand führt. Wieder ein einsamer Kiesstrand, wo wir diesmal im Salzwasser baden. 

29.08.2019
Wir wandern heute bei angenehmer Temperatur zur „Kria Vathra“ Schlucht, die zirka 2 km östlich von Therma liegt. Riesige Kastanienbäume, Steineichen, Platanen und das muntere Gurgeln des Baches ziehen um diese Zeit noch wenige Besucher an… Der Wanderweg ist bis zum ersten Badebecken entlang einer Suone angelegt und kann mit einfachem Schuhwerk begannen werden. Hier geniessen wir unser erstes Bad. Danach wird’s schwieriger. Einzelne rote Punkte weisen den Weg über grosse Felsbrocken oder Platten zum nächsten Becken. Der Fels, teilweise Granit, ist griffig. Kein Problem für uns Bergler und sogar für drei ältere Damen, eine aus Paris, eine aus Barcelona und die andere aus Thessaloniki. Wir lassen uns am Becken auf einer Steinplatte nieder und geniessen ein erfrischendes Bad im kristallklaren Wasser. Wir geniessen den Austausch mit den drei reisefreudigen Frauen, die sich spontan kennenlernten und jetzt zusammen die Ferien verbringen. 

 

Über einen anspruchsvollen Weg gelangen wir zum obersten Becken, in welches ein Wasserfall plätschert. Hier treffen wir nur noch junge Leute an… Textilloses Baden ist hier hip! 

 

Die Besucher der Insel sind vor allem junge, alternative Rucksacktouristen. Zum Flair dieses Dorfes passt auch das Yogazentrum und ein paar Verkaufsstände mit Batikkleidern, Hängematten und selbsthergestelltem Schmuck. Wir geniessen die friedliche Stimmung!


Alexandroupolis – Insel Samothraki      28.08.2019 mit der Fähre und mit dem Velo

Inselferien für ein paar Tage... Um das Schalterhäuschen, das gestern verlassen auf dem Hafengelände da lag, sammelt sich eine Gruppe Leute jeden Alters. Alle haben dasselbe Ziel im Kopf: sie wollen ein Billett für die Fähre. Beim Anstehen gibt es hie und da ein Gemurmel. Wir merken nicht weshalb. Jedenfalls schrumpft die Gruppe der Wartenden sehr langsam. Für eine Stunde geht dies so. Kurz vor 9:00 Uhr öffnet endlich eine Dame einen zweiten Schalter. Das Rennen auf diesen ist eröffnet! Ich schaffe es und kann gerade, bevor ein Beamter hinter mir abblockt, zwei Billette ergattern. Nun wird mir auch klar, weshalb der ganze Prozess so lange dauerte: Die Billette werden von Hand geschrieben. Martin bewacht die Räder und er beobachtet, wie zwei Hafenarbeiter mit einem übergrossen Netz an einer Stange am Ufer des Hafenbeckens während der ganzen Zeit schwimmenden Unrat aus dem Wasser ziehen. Beim Hochheben der vollen Netze müssen es beide Männer tüchtig anheben, um den Inhalt in den bereitstehenden Container zu kippen. Die Aktion gefällt uns – ein Hoffnungsschimmer! Pünktlich um 9:00 Uhr legt die Fähre ab. Zwei Stunden später legen wir in Kamariotissa an, satteln die Räder und fahren bei steifem Gegenwind ca. 15 km entlang der Küste nach Therma, wo wir die nächsten Tage verbringen werden. 


Komotini - Alexandroupolis       27.08.2019     65 km mit dem Bus

K.T.E.L., das Busunternehmen, veröffentlicht den aktuellen Fahrplan im Netz. Abfahrtzeit 9:00 in Komotini nach Alexandroupolis. Wir fahren zeitig zum Bahnhof, weil wir unsicher sind, ob auch Fahrräder transportiert werden. Wenn nicht, müssten wir bei grosser Hitze und starkem Gegenwind selber kräftig in die Pedalen treten, oder einen Taxi anheuern. Ich gehe zum Schalter, frage nach der Abfahrtszeit und der Velomitnahme. Die junge Frau am Schalter spricht kaum englisch, aber sie schreibt mir auf einen Zettel die Abfahrtszeit, die mit der Angabe im Internet übereinstimmt, und für die Velos gibt sie ein „okay“. Wir laden die Räder in den Bauch des Buses und sind glücklich, dass wir den ca. 450 m hohen Pass auf diese Weise überqueren können. Die Fahrt entlang der alten Nationalstrasse, das auch unsere Veloroute gewesen wäre, ist landschaftlich wunderschön, aber das Verkehrsaufkommen ist enorm und die Strasse sehr eng. Unser Entscheid, mit dem Bus nach Alexandroupolis zu fahren, war richtig. 

Ausgeruht kommen wir in der kleinen Hafenstadt an; genug Energie für den Besuch des Ethnologischen Museums, das in einem Haus aus dem Jahre 1899 untergebracht ist. Das Museum ist liebevoll gestaltet und vermittelt einen Einblick Thrakische Kultur. Trachten, Keramik, Landbauwerkzeuge, Weinpressen, Honigschleudern und vieles mehr sind zu sehen. Historische Landkarten geben Einblick in die bewegte Geschichte der Region Mazedonien/Thrakien, wo Türken, Bulgaren und Griechen zusammen bis nach dem 1. Weltkrieg lebten.

Weil die nächsten Tage weiterhin sehr heiss und windig sein sollen, beschliessen wir, auf die Insel „Samothraki“ zu fahren, um dort einige Tage „Ferien von den Ferien“ zu verbringen. Allerdings kostet uns die Suche nach der Abfahrtszeit der Fähre mehrere Stunden. Alles was wir im Internet, mit unzähligen Telefonaten und bei Reiseagenturen herausgefunden haben war: Die Fähre ist kaputt und muss repariert werden. So etwas haben wir doch schon mal gehört ;-(. Schliesslich gehen wir nochmals zum Fährhafen. Niemand weiss etwas und die Schalterhäuschen - es ist 16:00 Uhr - sind auch geschlossen. Als Letztes peilen wir den Parkwächter an. Er kennt die Abfahrtszeiten auch nicht, weiss aber, wo ein Zettel mit der gesuchten Info hängt. Schwarz auf weiss steht: 9:00 und 15:00 Uhr Fähre nach Kamariotissa, Samothraki. Wir entscheiden uns für die frühere Verbindung. 

Am Abend suchen wir nochmals die Uferpromenade auf, die tagsüber eine laute Durchfahrtsstrasse war. Plötzlich beobachten wir darauf erste Fussgänger am Spazieren und nur wenige Autos. Aha, der Korso, das auf dem ganzen Balkan traditionelle Ausgehspazieren in schönen Kleidern von Jung und Alt, hat begonnen! Der Verkehr wurde ab acht Uhr umgeleitet. 


Xanthi -Komotini       26.08.2019        62 km      ↑280 m        ↓282 m

Route: alles entlang der E0 bis Komotini

Zeitig verlassen wir die Stadt Richtung Süden zum Nestos Nationalpark. Der Rückenwind schiebt uns kräftig an - wir fühlen uns beinahe wie auf einem Moped. Leider nur solange bis wir in Largo, im Nestos Delta ankommen. Die grossen Feuchtgebiete und das Schwemmland sind von einzigartiger Naturschönheit. In den Süsswasserlagunen leben bis zu 300 Vogelarten. Wir können heute Morgen allerdings nur weisse Flamingos mit dem Feldstecher erkennen.

Ab Largo ändert die Fahrtrichtung. Ab nun haben wir mit starkem Gegenwind zu kämpfen. Obwohl wir keine Steigung haben, kommen wir nur mit kleinen Gängen vom Fleck. Das einzig Gute daran ist, der Wind lässt uns die 36 Grad kühler empfinden. Mitte Nachmittag kommen wir total auf den Felgen in Komotini an. Die Wetterprognosen für morgen gleichen denen von heute. Gegenwind, Hitze und viele Höhenmeter, wir suchen nach Alternativen. Weiter mit dem Bus, dem Zug, dem Taxi. Uns schwebt die Reise nach Alexanderopolis mit dem Zug vor. Die Rezeptionistin fragt für uns am Bahnhof an. Sie teilt uns mit: Der Zug fährt morgen Mittag um 13:21 Uhr. Super, wir freuen! Kurz darauf eine neue Mitteilung: Der Zug ist kaputt, er fährt nicht mehr. Im Moment sind wir gerade unsicher, ob wir noch in Europa oder schon weiter östlich sind…


ein „velofreier“ Tag in Xanthi mit Wanderung in der Nestos-Schlucht    25.08.2019

Nach einem reichhaltigen Frühstück machen wir uns für die bevorstehende Wanderung bereit. Anstelle mit dem Bus oder Velo zu reisen, heuern wir ein Taxi an, das uns nach Galani, zum Schluchteneingang fährt. Zu dieser frühen Stunde befinden sich noch wenige Besucher hier, aber die Beizen eingangs der Schlucht lassen erahnen, dass an diesem heissen Sonntag Hochbetrieb erwartet wird. Unterwegs fragt uns der Taxifahrer, ob wir genug zu trinken dabei haben. Bald darauf klingelt sein Telefon, das er kurzum mir übergibt. Eine englisch sprechende Frau ist auf der anderen Seite am Apparat. Sie macht uns darauf aufmerksam, dass wir vorsichtig sein sollen, denn es gebe sehr viele Schlangen entlang des Wanderweges. Wäre gut, wir hätten einen Stecken, damit wir beim Gehen auf den Weg klopfen könnten. (Die Vibration vertreibt die Schlangen.) Der erste Teil des Wanderweges ist sehr gut ausgebaut und er steigt bald ein paar Meter oberhalb des Flusses an. Der Wanderweg wurde vor über hundert Jahren zum Zweck des Eisenbahnbaus erstellt. Das Trassee der Bahn, die heute noch betrieben wird, führt fast am Wasser entlang durch viele Tunnels (keine Überraschung, dass sie zur Zeit wegen Revision ausser Betrieb ist). Schon bald gelangen wir zum ersten Aussichtspunkt, wo wir auf einen anderen Wanderer treffen. Er hat einen Stock dabei. Wegen den Schlangen oder den Hunden? Wir fragen nicht nach... Aber von ihm vernehmen wir, dass er aus Bayern kommt, mit einer Griechin verheiratet ist und bis zur Krise ein Kleinunternehmen führte. Dann musste er aufgeben und nun transportiert er Kies und Baumaterialien. Auch er läuft weiter Flussaufwärts, er will, wie er es oft tut, im Fluss baden. Und wir wollen den Fluss mäandern sehen und die natürliche Flusslandschaft geniessen. Der Wanderweg wird schmaler, ruppiger und windet sich hoch über dem Fluss von einer Felsennase zur nächsten. Der Kalkstein ist ziemlich rutschig. Wir sehen die Gefahrenzone eher im Bereich der Trittsicherheit als bei den Schlangen! Wir bleiben immer wieder stehen und geniessen den Tiefblick auf den schlängelnden Fluss. Traumhaft schön! 

Mangelns passender Ausrüstung und wegen der Hitze kehren wir nach ca. 4 km um. 

Rauchschwaden über dem Wasser verraten ein emsige Treiben eingangs der Schlucht: Bräteln, Slackline, Zipline, Schwimmen, Planschen…  Und wir geniessen Souvlaki – Spiesse mit Bratkartoffeln und Tomaten. Vorzüglich! Und dann treffen wir wieder auf den Wanderer vom Vormittag. Er heisst Peter und setzt sich zu uns. Von ihm vernehmen wir viel über das Leben in Griechenland. Jung verliebt ist er vor zwei bis drei Jahrzehnten hier gestrandet. Er gibt uns einen tiefen Einblick in das Land. Vor der Krise hatte er ein Geschäft mit Olivenholzverarbeitung gehabt, wovon er leben konnte. Die Finanz-Krise hat die Wirtschaft – und aus seiner Sicht v.a. die kleinen Betriebe – abgewürgt, so dass er nun für einen tiefen Lohn Lastwagen fährt. Für Kleinbetriebe ist es immer noch sehr schwer zu existieren. Auf der positiven Seite erzählt uns Peter, dass er den Zusammenhalt der Familien sehr schätze. 

Am Schluss stecken wir unsere Beine und Arme ins kalte klare Wasser und geniessen die Erfrischung, bevor wir ein Taxi anhalten, der uns zurück nach Xanthi bringt.


Kavala – Xanthi     24.08.2019        56.7 km      ↑303 m        ↓284 m

Route: alles entlang der E0 bis Xanthi

 

Es soll heute wieder sehr heiss werden, ein guter Grund schon bei Sonnenaufgang aufzustehen. Zügig packen wir unsere Taschen und dann nichts wie los. Wir wollen vor der grossen Nachmittagshitze in Xanthi sein. Die Stadt ist noch ruhig. Nur hie und da ist jemand am Wischen oder am die verdorrten Blätter von den Rosen zu entfernen. Herrlich die Morgenfrische! Nur hält sie nicht sehr lange an. Schon der erste kleine Aufstieg treibt uns den Schweiss aus allen Poren. Eingangs Nestor-Delta erholen wir uns bei einem kalten Cappuccino resp. griechischem Kaffee. Frisch gestärkt pedalen wir die restlichen 30 km nach Xanthi, wo wir unser Hotel auf Anhieb finden. Der Besitzer des Kleinhotels, das 1905 erbaut wurde und seit kurzem renoviert ist, packt kurzerhand unsere Räder und trägt sie, eine lange Treppe hoch in den oberen Stock. „Hier sind sie sicher,“ meinte er. 

Bei Wikitravel machen wir uns schlau über die Sehenswürdigkeiten dieses Ortes. Wir lesen, dass die Nestor-Schlucht ein „Muss“ ist, aber auch, dass die Stadt noch einiges an Kultur bietet. Nach dem Stadtrundgang ist uns klar, wir müssen hier zwei Tage bleiben. 


Stadtbesichtigung in Kavala    23.08.2019

Heute können wir nicht an einen gedeckten Tisch sitzen. In der Ferienwohnung wird kein Zmorge serviert ;-(. So fällt das Frühstück etwas einfacher aus, dafür mit einer grandiosen Aussicht auf das Meer. 

Wir beraten, ob wir noch einen Tag länger hier bleiben sollen. Das alte Städtchen am Berghang mit den engen Gässchen hat es uns angetan. Die Insel Thasos, 7 km gegenüber Kavala, wäre bestimmt einen Ausflug wert. Ich rufe die Besitzerin an und frage, ob wir unseren Aufenthalt um eine Nacht verlängern können. Leider geht das nicht - die Wohnung ist für Samstag schon vergeben. Schade! Wir brechen zur Burgbesichtigung auf. Diese stammt aus byzantinischer Zeit und prägt mit dem aus römischer Zeit stammenden Aquädukt die Stadt. Die Besichtigung der Burg und der Aufstieg auf den Turm eröffnen uns eine einmalige Rundumsicht. Auch sehr eindrücklich ist das „Imaret Hotel“. Es liegt an der Stadtmauer mit Blick auf den Hafen erfüllte verschiedene Zwecke: Moschee, Koranschlule, Hamman und Armenhaus. Seit es 2004 originalgetreu renoviert wurde, ist es ein Luxushotel. Wenn wir dort nicht übernachten, dann gehen wir wenigstens ein Bier trinken… Wir werden sehr freundlich empfangen und zur Terrasse geführt. Wir sind die einzigen Gäste in den orientalischen Gefilden. Das gediegene Ambiente hat selbstverständlich seinen Preis. Trotzdem, schliesslich lassen wir uns nicht täglich nieder, wo es die Sultane einst taten. 


Nea Peramos – Kavala     22.08.2019        19 km      ↑189 m        ↓193 m

Route: alles entlang der E0 (Thessaloniki-Kavala)

 

Wir unterhalten uns noch mit dem freundlichen Besitzer der Ferienwohnung. Wir vernehmen viel über die Situation im Nordosten von Griechenland und über sein Geschäft. Er führt mit seiner Familie auch ein feines Restaurant, in welchem wir zwei Mal sehr gut gegessen haben. Der Besitzer, ein studierter Apotheker, kocht auch selbst. Er erzählt uns beim Bezahlen, dass von unseren 100 € pro Nacht die Hälfte an den Staat geht und zwar 24% als Mehrwertsteuer und 25% als normale Steuer. Er ärgert sich, dass Griechenland im Vergleich zu Spanien und Italien einen grossen Wettbewerbsnachteil (8 % in der EU) hat und dass sich die neue Regierung in Brüssel einsetzt, die Situation der Hotellerie zu verbessern. Im Übrigen ist er mit dem Geschäft zufrieden. Wir glauben ihm gerne, denn es war  dies auch feststellen, dass es schwierig ist, einen Platz zum Essen in einem Restaurant zu finden.

Die Fahrt entlang der Küste mit dem blauen Meer und den grünen Hügeln auf der Nordseite belohnt uns für die Mühen. Die Hitze und ein paar Anstiege machen uns wieder zu schaffen und als eine Picknickbank im Schatten von Bäumen auftaucht, nutzen wir die Pause. Trotz der kurzen Distanz nach Kavala machen wir nochmals zwei Pausen in Kaffees. Eine Minipizza stillt unsere kleinen Appetite in der Hitze. Wir sind froh, dass wir unsere sehr schöne Ferienwohnung nahe der Burg in der Altstadt mit den verschlungenen Strässchen am steilen Berg gleich finden. Der Mann der Besitzerin erwartet uns schon auf der Strasse. Wir geniessen die einzigartige Aussicht nach Süden und Osten. In der Ferne kann man die Lichter der türkischen Küste erahnen und im Süden liegt die Insel Thassos in voller Grösse vor uns.


Ruhetag in Nea Peramos     21.08.2019

Es ist ein heisser Tag. Wir gehen nochmals baden an der kleinen Bucht unter der „Ancient City of Anaktoropolis.“ Eigentlich wollten wir auch die Alte Stadt besuchen, die von den Byzantinern erbaut wurde, nur: am Eingangstor hängt ein grosses Schloss. So geniessen wir das Meer und die Wiese unter riesigen Akazien. 


Ofrynio Strand – Nea Peramos     20.08.2019        41,6 km      ↑185 m        ↓191 m

Route: Ofrynio Strand bis Nea Peramos alles der Küste entlang der E0 (Thessaloniki-Kavala)

 

Wir verlassen Ofrynio Strand über die Küstenstrasse. Entlang der ersten 8 km liegen Hotels, Appartements, Bars und Tavernen. Nicht erstaunlich, denn der schöne Sandstrand mit dem türkisblauen Meer lädt zum Baden ein. So sind auch schon zur frühen Stunde Leute mit Flossen, Schwimmgurt, Luftmatratzen und Sonnenschirm unterwegs. Ja, und wir? Wir treten kräftig in die Pedalen, damit wir vor 14:00 Uhr, wenn die Sonne am meisten brennt, schon in Nea Peramos, am Ort wo wir übernachten, eintreffen. Erfreulicherweise ist das Verkehrsaufkommen sehr gering und zudem ist sogar der Pannenstreifen, auf dem wir fahren, eine Fahrspur breit. Herrlich ist es, kein Vergleich zu den Vortagen! Beim Byzantinischen Turm von Apollonia kündigt jemand eine mobile Raststätte an. Wir biegen ein und belohnen uns mit einem Getränk. Die fantastische Aussicht auf die etwa 150 m tiefer liegende Küste und den fernen Berg Athos gibt’s gratis dazu. Flott geht’s nun bergrunter – wir geniessen den Fahrtwind. Kurz vor Nea Peramos fahren wir auf der einen Seite durch Weinberge und auf der anderen Seite gliedern sich Strände mit Ramba-Zamba aneinander. Dem Vernehmen nach soll dies der schönste Strand entlang dieser Küste sein… Nicht gerade, was wir suchen. 

Wir fahren weiter. In der kleinen Bucht unter der „Ancient City of Anaktoropolis“ sichten wir einen wunderbaren Strand mit wenig Besuchern. Nichts wie los, ins Wasser – ohne Überwindung. Wassertemperatur ca. 27 Grad.


Volvis Loutra – Ofrynio Strand    19.08.2019        60 km      ↑189 m        ↓247 m

Route: Volvis Loutra alles entlang der Strasse E0 nach – Ofrynio Strand am Strymonischen Golf

Wie in allen kleinen Ortschaften gibt es auch in Volvis Loutra Hühnerhalter und diesmal ist es der Hotelbesitzer selbst. Der Hahn ruft seinem Harem schon um 3.30 Uhr zur Tagwache. Obwohl ich auch aufgewacht bin, ist es uns noch zu früh um schon los zu radeln. Die nahe Autostrasse E0 ist schon fest befahren - wir hören immer wieder Laster vorbeisausen. Hätten wir doch los sollen, bevor das Verkehrsaufkommen noch mehr zunimmt? Alternativen, um zum strymischen Golf zu kommen, gibt es keine. 

Um acht Uhr satteln wir unsere Räder und ziehen los. Zu unserem Erstaunen hat sich der Verkehr für das erste Stück eher beruhigt und die Laster bleiben fast ganz weg. 

In New Vrasna, ein Badeort mit vielen Touristen, geniessen wir im Schatten grosser Bäume frisch gepressten Orangensaft. Der gibt uns Energie für die restlichen 25 km. In Nea Kardylia verfahren wir uns. Wir müssen ein ganzes Stück zurück, weil es nur eine Autobahnunterführung gibt. Glück gehabt, wir kommen zufällig an einem Monument aus der Zeit von Alexander des Grossen dem „Löwen von Amphipolis“ vorbei. 

Am frühen Nachmittag checken wir im Hotel ein. Wir sind müde – der Güggel hat wohl seines dazu beigetragen. Anstelle eines Bades im Meer, versinken wir für zwei Stunden in einen Tiefschlaf.


Thessaloniki – Volvis Loutra    18.08.2019        60 km      ↑700 m        ↓650 m

Route: Thessaloniki über die Berge nach Norden in die Ebene mit den Seen: Limni Koroneia und dem Volvi-See über Agios Vasileios, entlang der Strasse E0 Thessaloniki – Kavalas nach Volvis Loutra (kleines Nest am Volvi-See).

Heute früh verlassen wir unser vertrautes Hotel Caravan in Thessaloniki. Die Angestellten verabschieden uns sehr herzlich und wünschen uns alles Gute. Sie schenken uns einen Reisesack mit der Aufschrift „Travel as far as you can.“ Es geht gleich bergwärts und das um die 400 Höhenmeter. Teils ist die Steigung 13 %, wir müssen schieben. Nach 10 km haben wir den höchsten Punkt erreicht und nun geht’s bergab, die Belohnung. Allerdings können wir es nicht sausen lassen, denn die Strasse, die nach unten führt, gleicht eher einem ausgewaschenen Bachbett. Wir schlagen auf die Hauptstrasse ein, die frühere Verbindung zwischen Thessaloniki und Kavalas. Die Strasse wird immer noch stark befahren, dennoch fühlen wir uns sicher, weil es eine Art Pannenstreifen gibt, auf dem wir zügig vorwärts kommen. Die verbleibenden Kilometer bis nach Loutras Volvis zerrinnen beinahe so schnell, wie das Eis im kalten Cappuccino, der übrigens sehr erfrischend ist.

Bei der Dorfeinfahrt zum Ferienort „Loutra Volvis“ fallen mir die vielen jungen Männer auf, die an der Bushaltestelle warten. Dann auf der Strasse zum Zentrum sind viele Frauen mit Kopfbedeckung und Kinder unterwegs. Aus den Fenstern hängt Wäsche. Hier muss ein muslemisch geprägtes Dorf sein, denke ich. Kurz darauf entdecke ich einige Männer in einem Garten, die darauf warten, einen Haarschnitt verpasst zu bekommen. Wir laden unsere Sachen im Hotel ab, duschen und wollen zum See hinunter laufen, um ein „Bädli zu zwicken“. Nach ein paar hundert Metern ist der Weg gesperrt „kein Zutritt, privates Areal“. Komisch! Wir kehren um und überlegen, wie wir wohl zum „Beizli“ am Strand kommen. Google hilft nicht weiter, so fragen wir einen Mann, der auf dem Randstein sitzt und telefoniert. Von ihm wollen wir wissen, wo das Lebensmittelgeschäft zu finden ist. Er kann uns weiterhelfen und sagt: „Gerade aus.“ Beim Eingang zum Lebensmittelgeschäft bemerken wir wieder die Tafel „kein Zutritt, privates Areal“. Wir gehen trotzdem ins Geschäft, denn wir benötigen ein paar Flaschen Mineralwasser für die morgige Tour. Wir fragen die Ladenbesitzerin nach dem Strandrestaurant. Sie erzählt uns, dass dieses nicht mehr existiere wie auch das Spital und weitere Dienstleistungsbetriebe. Vor uns kauft eine schwarze Frau einen ganzen Karton Eier. Eine weitere, vielleicht eine Syrerin, kauft Waschmittel. Uns dämmert; Wir sind in einem Flüchtlings-Camp. Auf dem Rückweg fallen mir die Schilder der Europäischen Union an den Häusern auf. Beinahe alle Häuser - ausser das Hotel in dem wir übernachten - ist mit einem solchen versehen.

Ich recherchiere im Internet. Die einstmals florierende Urlaubsregion Loutra Volvis ist im Laufe der letzten zehn Jahre zusehends verfallen, was zur Aufgabe der bestehenden Gebäude führte. Mit Beginn der humanitären Krise in Griechenland wurde Loutra Volvis als Flüchtlingscamp wiederbelebt. Derzeit wird es unter Leitung der Internationalen Organisation für Migration IOM betrieben.

Blick auf den Limni Koroneia See gegen Westen
Blick auf den Limni Koroneia See gegen Westen

Stadtbesichtigung in Thessaloniki    17.08.2019

Beim Frühstück kommt ein junger Mann auf uns zu und erkundigt sich nach unseren Fahrrädern und was wir so machen. Er ist begeistert von unserem Projekt und erzählt, dass er sein Hotel als velofreundlich zertifizieren will. Er kennt die Gegend sehr gut bis zur türkischen Grenze und gibt uns viele Tipps über schöne Orte zum Verweilen und wie er den Strassenverkehr einschätzt.

Aber heute steht Stadtbesichtigung auf dem Programm. Als erstes laufen wir zur Altstadt (Ano Poli), die oberhalb des Stadtzentrums liegt. Der Aufstieg ist schweisstreibend. Wir legen eine Pause ein und zwar im Café angrenzend an die älteste Taverne aus dem Jahre 1880. Der frisch gepresste Orangensaft tut gut! Weiter geht’s entlang der Stadtmauer, zur Zitadelle und den sieben Türmen. Fast angrenzend an die Türme war in der Stadtmauer bis 1989 ein Gefängnis untergebracht, deren Zellen wir besichtigten. Die Aussichtsplattform auf dem grossen Turm bleibt uns leider verwehrt, weil um 15 Uhr schon dicht gemacht wird. Auch die nächste Sehenswürdigkeit, die Kirche „Saint Nikolei the Orphan“, können wir nur von aussen betrachten. Wir stellen fest, dass der „frühe Feierabend“ für alle historischen Wahrzeichen der Stadt gilt. Somit verpassen wir auch den weissen Turm und… 


Kilkis - Thessaloniki     16.08.2019        51.9 km      ↑193 m        ↓433 m

Route: Kilkis, entlang der alten Strasse Thessaloniki – Kilkis E0/65 via Petroto nach Thessaloniki

 

Heute bläst der Wind wieder ziemlich stark von Norden; ideales Wetter für diese etwas längere Etappe. Wir fliegen fast vorwärts und der Verkehr ist schwach. Nach Petroto folgen wir dem fast ausgetrockneten Gallikos - Fluss. Eigentlich wollen wir wie gestern in einem lauschigen Kaffee einen Kaffee trinken, aber in der relativ einsamen Gegend gibts nichts. So fahren wir ohne Pause weiter. Ca. 15 km vor dem Zentrum kommt der Stadtrand von Thessaloniki mit wenig erbaulichen Eindrücken: Fabrikruinen, ein ausgedienter Rangierbahnhof, Tankstellen u.s.w.. Auf einer Brücke kommt uns eine Gruppe Menschen - Erwachsene, Jugendliche und Kleinkinder - die wie Flüchtlinge aussehen, auf der Gegenfahrbahn entgegen und rufen „Hallo!“. Wir benutzen die Einfahrtroute von einem früheren Velotourenfahrer, der sie im Internet veröffentlicht hat und gelangen so zum Teil auf Quartiersträsschen in die Nähe des Hotels, ohne dass wir lange auf den viel befahrenen Hauptstrassen fahren müssen. Die Strassennamen und Hausnummern, obwohl mit griechischen Buchstaben beschriftet, sind wieder vorhanden und geben uns Orientierung. Die Koordinaten unserer Unterkunft stimmen auch. Der Endpunkt der heutigen Tour liegt auf dem GPS genau unter der Hotelbeschriftung: „Caravan“. Wir werden herzlich begrüsst und gleich mit Mineralwasser und einer thessalonischen Spezialität willkommen geheissen. Langstrecken Velofahrer sind hier – überhaupt im ganzen Balkan ziemlich exotisch, dies erklärt wohl den oft frenetischen Empfang. Die Rezeptionistin gibt uns eine Menge Infos über die Sehenswürdigkeiten der Stadt und empfiehlt uns gute Restaurants. 

Am Nachmittag gehen wir auf einen kleinen Stadtrundgang. Zuerst kaufen wir eine griechische Simkarte und danach besichtigen wir den alten Hafen. Im Ladadika Viertel geniessen wir im Restaurant „Full of Meze“ ein frühes Nachtessen. Ladadika ist ein historisches Stadtviertel, in der Nähe des Hafens und ein Wahrzeichen der Stadt Thessaloniki. Jahrhundertelang war hier der wichtigste Marktplatz der Stadt und jetzt ist es ein beliebter Ort zum Essen und Flanieren. 


Geplante Veloroute 11 durch Mazedonien bis nach Saloniki, GR
Geplante Veloroute 11 durch Mazedonien bis nach Saloniki, GR

Stari Dorjan – Kilkis (Griechenland)     15.08.2019        32.4 km      ↑376 m        ↓263 m

Route: Stari Dorjan, Drosoato, Koromilia bis Kilkis

 

Heute hat sich das Wetter geändert. Wir blicken aus dem Hotel und sehen Leute in Pullovern auf der Strasse. Über die Kreten der nahen Berge schieben sich Wolken und scheinen wie Wasserfälle über die Abhänge zu fliessen. Letztes Mal haben wir das in Kroatien gesehen, als der Bura-Wind blies. Auch die Bäume biegen sich im starken Wind. Ein Glück, sie biegen sich nach Süden und da wollen wir hin. Unsere Fahrt ist flott und bald sind wir am Zoll nach Griechenland. Eine Weile folgen wir der stark befahrenen 1105 weiter um später auf die E0 nach Thessaloniki zu gelangen. Bei der nächsten Verzweigung folgen wir Nebenstrassen mit ein paar zusätzlichen Höhenmetern. Die Strasse ist stark befahren, weshalb wir beschliessen, einem kleinen Feldsträsschen zu folgen das zum nächsten Dorf führt. Nach einer Kurve steht plötzlich eine Herde Schafe mit einem anatolischen Hirtenhund vor uns. Oh Schreck! Der Hund hat uns im Visier, er will schliesslich seine Herde beschützen und nimmt uns als Eindringlinge war. Er rennt uns entgegen. Wir steigen vom Velo und bleiben stehen, bockstill. Glücklicherweise kommt der Schäfer mit seinem Quad und pfeift den Hund zurück. Doch der Hund will nicht; er versucht immer wieder zu uns zu rennen, obwohl der Schäfer ihm den Weg abschneidet. Schliesslich gelingt es dem Schäfer, den Hund zu Boden zu drücken. Wir packen den Moment und kreuzen mit stark erhöhtem Puls/Adrenalinspiegel alle Vierbeiner. Im Verlauf des Tages begegnen wir immer wieder streunenden Hunden. Bis anhin fürchtete ich mich nicht vor Hunden, ich konnte sie immer weghalten oder zum Schweigen bringen. Aber die Grösse des Hirtenhundes hat mich gelähmt. 

In Koromilia, einem kleinen Nest mit einem Café und einer Pizzeria, kehren wir ein. Schon als wir das Velo abstellen, fragt uns ein Herr, ob wir von Deutschland kommen. „Nein, von der Schweiz.“ Und dann den Standardsatz, den wir schon unzählige Male gehört haben: „Schweiz gutes Land.“ Wir werden von der gesamten Runde sehr herzlich empfangen. Sie findet es toll, dass wir ihr kleines Dorf besuchen und nicht nur touristische Hotspots. Die Wirtin serviert uns einen köstlichen Kaffee und schenkt uns dazu zwei Flaschen Mineral, da wir als Radfahrer doch sicher Durst hätten. Dimitrios, ein älterer Herr, setzt sich zu uns und erzählt, dass er für 10 Jahre in Deutschland gelebt habe, und dass seine Kinder noch immer dort wohnen. Er ist jetzt pensioniert und lebt wieder in Koromilia, wo er mit seiner neuen Frau einen kleinen Lebensmitteladen eröffnen will. Er verspricht sich damit seine Rente aufzubessern. 

Sturm am Dorjansee
Sturm am Dorjansee

Unsere Eindrücke von Nordmazedonien: 

Wir sind betrübt über das, was wir alles über das landschaftlich schöne Land mit den netten Leuten gehört haben. Es bedrückt uns, als Vladimir am letzten Tag in Nordmazedonien erzählt, dass Leute, die die falsche Partei bei den letzten Wahlen gewählt haben ihren Job verlieren. Sehr treffend hat die Neue Zürcher Zeitung die Situation im Artikel vom 4.2.2019 beschrieben.


Valandovo – Stari Dorjan      14.08.2019        23.7 km      ↑232 m        ↓203 m

Route: Valandovo – Stari Dorjan auf der Strasse 1105 bis Stari Dorjan am Dorjansee

 

Beim Einkaufen von Getränken treffen wir ein Seniorenpaar aus Biel, die in ihrer alten Heimat, Nordmazedonien, in den Ferien weilen. Sie bewohnen ihr Elternhaus in Stari Dorjan, unserem Tagesziel und sind zum Einkaufen nach Valandovo gekommen. Sie laden uns spontan am Nachmittag zu einem Kaffee ein. Wir sind gespannt, was sie zu erzählen haben...

Unsere Fahrt zum Dorjansee führt über sanfte Hügel. Nach einer letzten Erhebung liegt der grosse See vor uns. Gegen Osten sehen wir schon die Berge von Bulgarien. Die Landstrasse 1105 ist ziemlich befahren, v.a. die Lastwagen erfordern unsere Aufmerksamkeit. Gelegentlich müssen wir auf dem Strassenrand anhalten bis die Brummis vorbei sind. An einer Wasserstelle machen wir Halt, um unsere Wasserflaschen aufzufüllen und die Früchte, die wir vor der Abfahrt in Valandovo gekauft haben, zu waschen. Ein madzadonisches Paar ist dort am Picknicken. Sie nicken uns freundlich zu und heissen uns näher zu kommen, um den wenigen Schatten, der der halb dürre Baum spendet, mit uns zu teilen. Aber dem ist nicht genug: sie schenken uns auch Zwetschgen und Nektarinen. 

Stari Dorian ist für die Verhältnisse ein schmuckes Dorf, in dem viele Leute (v.a. Einheimische) sich am See erholen. Schade, dass die Lastwagen an den Flanierenden vorbeibrummen ;-(. Viele Leute baden im lauwarmen See, wir verzichten darauf - zu schlammig, finden wir und zudem haben wir mit Vladimir und Nada zum Kaffee abgemacht. Die Beiden wohnen oberhalb des Dörfchens mit wunderbarer Bergsicht und Garten mit reich tragenden Fruchtbäumen. Vladimir und Nada wohnen und arbeiten schon seit 52 Jahren in der Schweiz. Er arbeitete auf dem Bau und sie in der Uhrenindustrie. Sie haben drei Kinder und zwei Grosskinder, die alle rund um Bern wohnen. Ihre Angehörigen kommen nur für zwei Wochen nach Mazedonien in die Sommerferien. Sie verbindet kaum mehr etwas mit dem Heimatland ihrer Eltern. Alle haben sich in der CH einbürgern lassen; die Wurzeln zu Mazedonien wollen sie abbrechen. Auch Vladimir und Nada wollen das. Sie sind frustriert über die vorhergehenden und zurzeit herrschenden Politiker. Beide sind der Auffassung, dass es mit dem Land nur noch abwärts geht: Korruption nennen sie als erstes, keine Perspektiven für junge Leute, keine Arbeit, miese Krankenversorgung - nur durch Bestechung angemessene Behandlung erhältlich. Sie zeichnen ein sehr tristes Bild.


Demir Kapija - Valandovo        13.08.2019   35.28 km    ↑224 m        ↓280 m

 

Route: Demir Kapija – Valandovo, zuerst entlang der alten Heerstrasse von Kaiser Wilhelm II auf der rechten Seite der Vardar bis Udovo; dann auf der Strasse 1102 bis Valandovo

 

Wieder läutet der Wecker vor sieben Uhr: wir wollen weiter nach Süden ungeachtet der noch anhaltenden Hitze. Früh fahren wir vom Weingut ab, gestärkt durch das Frühstück. Im Städtchen kaufen wir noch viel Mineralwasser und dann erreichen wir kurz darauf den ersten Tunnel, den Kaiser Wilhelm II 1916 erbaut hat, um von Mazedonien nach Süden zu gelangen.

Die alte Heerstrasse ist heute ein recht gut erhaltener Kiesweg und auf den 15 km kamen uns zwei Lastwagen und ein Eselgespann entgegen. Sonst Natur-pur! Links überholt uns eine moderne Personenzugskomposition ähnlich unseren Stadler-Rail Zügen. Weiter unten hören wie die Vardar rauschen und manchmal sehen wir den wilden Fluss auch. Bei einem prall behangenen Feigenbaum stoppen wir und essen uns die Bäuche voll, bis auch die Zunge von der Säure brennt. Der Zucker gibt uns wieder viel Pfupf, denn es hat auch ein paar Steigungen. Im Städtchen Valandovo angekommen, suchen wir das Hotel Central. Die ersten Leute kennen es nicht und das Booking.com App hilft wie meist nicht weiter. Wir fahren ins schmucke Zentrum mit grossen Bäumen, die in der Hitze Schatten spenden. Im ersten Kaffee bestellen wir einen kalten Cappuccino, der hier sehr gut schmeckt und fragen nochmals nach. „Kein Problem“ sagt der Kellner, „der Besitzer kommt in ein paar Minuten.“ Also: Hotel gefunden und wir sind glücklich gelandet. Das Hotel ist nicht angeschrieben. 

Unsere langen Haare sind uns in der Hitze lästig und das Einreiben der Sonnencreme auf meiner Glatze geht schlecht mit den restlichen Haaren. Flugs haben wir einen „Frizer“, der sein Geschäft in einer Baracke betreibt, gefunden. Drinnen ist es aufgeräumt und ein freundliches Ehepaar empfängt uns und wir werden schnell handelseinig. Zuerst halte ich als Versuchskaninchen hin. Margrit erkennt schnell, dass wir bei einem Profi-Coiffeur gelandet sind. Margrit kommt als Zweite dran und am Ende stehen zwei hübsche Velofahrer im Salon. Das Ganze hat vier Euro und 10 Cents gekostet. Wir kriegen langsam Hunger und sind gespannt, was es zu Essen gibt.


Hitzetage in Demir Kapija  10.-12.08.19

dritter Tag: Heute Vormittag ist ein Ausflug mit einem Führer in die Schlucht beim „Eisenen Tor“ und in ein Bergdorf geplant. Pünktlich um acht Uhr kommt Alex auf uns zu. Ihn haben wir schon am Freitag im Café kennen gelernt. Aha, er ist also unser Führer! Alex ist ein international bekannter Kletterer und betreibt ein Kletter-Camp in der Region. Später vernehmen wir von ihm, dass er schon mehrere 7‘000-er bestiegen hat und im Organisationskomitee der Winterolympiade 2017 in Sotschi war. Die Rezeptionistin übergibt uns einen grossen, an die Gute-Alte-Zeit erinnernden Picknick-Korb mit allem, was dazu gehört inkl. Wein, Besteck und Gläser. Zuerst fahren wir zu Alex‘ Campingplatz, der sehr grosszügig ausgelegt ist, im Moment wird er aber nur von einem Camper benutzt. 

Weiter fahren wir entlang der alten Landstrasse zu Schlucht nördlich des „Eisernen Tor“. Zwischen zwei Tunnels parkt er den in die Jahre gekommenen Mercedes. Und nun geht’s über einen rutschigen Weg hinunter in die Schlucht, leider ohne Seil oder Festhaltegriffe ;-). Sonst hat Alex an den senkrechten Felswänden unzählige Felsanker montiert. Hier ist offenbar ein Kletterparadies! (Die liegengelassenen Abfälle und andere menschliche Spuren zeugen davon.) An der engsten Stelle ist die Schlucht etwa 10 m breit. Über eine Eisenleiter aus gebogenem Betoneisen verlassen wir die Schlucht nach einem Spaziergang und befinden uns beim Auto. 

Weiter fahren wir über eine halbbefestigte Strasse zu einem ursprünglichen, mazedonischen Kloster. In Zeiten des Kommunismus wurden alle Kirchen und Klöster zerstört oder zweckentfremdet z.B. für Munitionslager. Danach wurden die religiösen Stätten wieder aufgebaut. Die mazedonische Kirche konnte sich nicht von der serbischen Kirche lösen, deshalb sind die meisten Serbisch-Orthodox. Aber das abgelegene Kloster in Klisura, das wir besuchen, wurde nicht zerstört und blieb mazedonisch Orthodox. Das Kloster wurde 1896 renoviert und ist heute noch gut erhalten. 

Nach ein paar Höhenmeter zu Fuss gelangen wir zur Wirkungsstätte von Baba Jana (1913-1969), eine Mystikerin, die an diesem idyllischen Ort ein kleines Kloster errichtete. Der verstorbenen Mystikerin wird nachgesagt, dass sie Krankheiten heilen könne. Die Wirkung zeigt sich, wenn man z.B. Wasser, Wein oder Essen über Nacht in der Kirche aufstellt und dieses danach von der leidenden Person eingenommen wird. Auch kinderlosen Paaren soll sie zu Elternglück verhelfen, so auch bei Alex, der vor drei Jahren ungeplant Vater einer Tochter wurde. 

Uns fällt das viele Geschirr inkl. Besteck und Pfannen auf, das auf dem Boden des Kirchenschiffs gelagert ist. Alex erklärt uns warum: An Kirchenfesten kommen viele Gläubige hierhin. Nach der religiösen Zeremonie, die etwa 2 Stunden dauert, wird für den Rest des Tages fürs leibliche Wohl gesorgt. Da die Kirche von einer Mystikerin erbaut wurde, sind nur wenige Popen (Pfarrer) bereit, Gottesdienste abzuhalten.

Mit vielen neuen Eindrücken bereichert, kehren wir zurück aufs Weingut und geniessen das schmackhafte Picknick mit Wein unter der Laube. Herrlich!

zweiter Tag: Heute klettert das Thermometer auf 42 Grad. Ein Hitzerekord! Wir entschliessen uns, in den nahe liegenden „Aquatika Park“ zu fahren. Ausnahmsweise finden wir den Park auf Anhieb, denn er liegt direkt neben einer Fischzucht und die ist gut signalisiert. Es ist elf Uhr. Kein Mensch, ausser eine Angestellte, die Stühle von einem Ort zum andern trägt, ist hier. Wir fragen, ob wir hier Essen und Trinken kaufen können. Sie verneint und sagt, dies sei nur eine Picknick Anlage. Das heisst, die Gäste müssen sich selber versorgen. Das Wasser – treffender Gülle – der Fischzucht fliesst über kleine Rinnsale durch den Park. Ein Fisch hat sich verirrt, er springt hoch. Ob der nach Luft schnappt? Wir pedalen weiter zum Dosnici Fluss, der sich unweit von Demir Kapija durch eine enge Schlucht windet und bekannt für seine Schwimmbecken ist. Das erste Becken ist einfach zu erreichen. Dementsprechend tummeln an dieser Stelle Familien mit Kindern im Wasser. Und wieder andere stellten ihre Campingtische samt Stühlen im Wasser auf und geniessen so ihre reichhaltigen Grilladen. Über einen abenteuerlichen Trampelpfad laufen wir zum zweiten Becken. Dieses scheint für die jungen Erwachsenen zu sein... Trotzdem, wir lassen uns nieder und geniessen das erfrischende Nass – nicht für allzu lange, denn wir wollen den Pool den Jungen überlassen.

erster Tag: Die Hitze (über 40 Grad) macht uns zu schaffen. Wir entschliessen uns für ein paar Tage auf der „Popova Winery“ zu bleiben. Das Weingut befindet sich oberhalb der Kleinstadt Demir-Kapija. Wir sind glücklich, dass wir ein Zimmer für ein paar Tage buchen konnten, denn allem Anschein nach ist Rückreiseverkehr – wir hören viele Leute englisch und französisch sprechen.  Vom Zimmer aus haben wir eine herrliche Aussicht auf die bewaldeten Hügel – in Nordmazedonien sind die Hügel abgeholzt – und die Vardarschlucht. Wir geniessen den Ruhetag im klimatisierten Gebäude mit E-Bund lesen, Bloggen, Sudokus lösen und viel Wasser trinken. 


Negotino - Demir Kapija      09.08.2019       20.5 km        ↑146 m        ↓152 m

Route: Negotino- Demir Kapija entlang der Strasse 1102

 

Ermutigt von Michaels Bericht über die Schönheit des bevorstehenden Streckenabschnittes starten wir die geplante Kurzetappe. Aus dem Städtchen herauszufinden gestaltet sich heute schwierig, zumal wir eine Abkürzung auf die Strasse 1102 planten. Zweimal endet unsere gewählte Abkürzung unverhofft in einer Sackgasse resp. in einer Rebenplantage. Naja, uns steht eine kurze Strecke bevor und so ist der Zeitverlust zu verkraften. Schliesslich finden wir doch noch über einen Feldweg und über eine kleine Brücke über die Autobahn auf die gewünschte Route. In flottem Tempo pedalen wir Demir Kapija entgegen, das sich als kleines Touristen-Nest mit Kletterpark und Höhle herausmausert. Da wir erst am Nachmittag in der Popova Kula Winery einchecken können, verbringen wir geschlagene vier Stunden in einem Café mit grossen Linden, die uns Schatten spenden. Schon bald gesellt sich ein Mann mittleren Alters zu uns. Er spricht sehr gut Englisch und ist selbst Velofahrer. Er weiss viel über das Land, die umliegenden Sehenswürdigkeiten, die Abwanderung und … zu erzählen. Er ist Sozialarbeiter und hat eine Anstellung – 37 Prozent der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter haben keine. Endlich ist es 14.00 Uhr und wir können unsere Unterkunft, 1.8 km oberhalb des Dorfes, beziehen. Bei 42 Grad keuchen wir die Strasse hoch und machen bei jedem schatten spendenden Baum einen Zwischenhalt. Total auf den Felgen, kommen wir auf dem Weingut an. Ein herrlicher Ort, hier wollen wir während der schlimmsten Hitzeperiode bleiben. Die anschliessende Führung durch den Weinkeller mit den Eichenfässern ist interessant und das Produkt vielversprechend. Wir sind gespannt auf den Wein aus dem Barirque beim Znacht!


Veles - Negotino      08.08.2019       46 km        ↑250 m        ↓222 m

Route: Veles – Negotino entlang der Strasse 1102

 

Ermutigt von Michaels Bericht über die Schönheit der bevorstehenden Streckenabschnitte nach Griechenland beschliessen wir, trotz Hitze weiter zu fahren. Wir kaufen viel Wasser ein und fahren auf der schwach befahrenen Route 1102 in der Morgenkühle los. Die Strecke ist kürzer als gestern und hat weniger Steigungen. Die Strasse ist in einem guten Zustand, müssen nur wenige Löcher umfahren. Wir kommen flott vorwärts. Die Gegend mit sanften Hügeln ist ausgedorrt und nur, wo bewässert wird, grün. Wir empfinden den heissen Wind deshalb noch heisser. In Gradsko finden wir Platz auf einer Parkbank im Schatten und erholen uns. Den Rest der Strecke nach Negotino schaffen wir leicht und wir finden uns bald im Zentrum auf einer Bank im Schatten sitzend. Ein neuer Akt mit der Suche nach der Adresse der Unterkunft beginnt. Das iPhone sagt, dass wir wieder 1.5 km zurückfahren müssen, woher wir gekommen sind, obwohl die Angaben über die Unterkunft von 150 m vom Zentrum lautet – mmm. Im zweiten Anlauf finden wir dann die richtige Strasse aber: wo ist die Hausnummer (Nr. 32)? Wir fragen eine Frau und sie ruft ihren kleinen Sohn, der englisch kann. Nach einer kurzen Rücksprache mit der Mutter weist er uns den Weg zu einem Wohnblock etwas abseits der Strasse. Da angekommen, taucht die freundliche Vermieterin auf und begrüsst uns herzlich in gutem Englisch. Sie hätte in der Strasse (bei dieser Hitze!) auf uns gewartet (wir sind ca. ½ Stunde verspätet)... Glücklich geniessen wir den Komfort der Wohnung mit Dusche und Klimaanlage. Wir finden noch die Energie, um einen Gang durch das recht lebhafte Zentrum mit Fussgängerzone zu machen und endlich mal was zu essen und zu trinken.

Bei der Planung der nächsten Etappe und der Aussicht auf noch mehr Hitze „werweissen“ wir über die Optionen, die wir haben - u.a. mit einem Taxi bis zum Dorjan-See an der Grenze zu Griechenland zu fahren. Damit würden wir die Fahrt durch das angeblich schmucke untere Vardartal verpassen. Dann kommen wir auf die Idee, nur ca. 19 km weit in ein kleines Nest zu fahren, wo wir eine vielversprechende Unterkunft in einem Weingut finden. Wir sind gespannt! 


Skopje - Veles       07.08.2019       58.6 km        ↑449 m        ↓501 m

Route: Skopje - Veles entlang der Strasse 1102

Wir konsultieren das Wetter: in den nächsten Tagen soll es knapp unter vierzig Grad sein. Tendenz steigend. Sollen wir hier in Skopje bleiben, bis es abkühlt? Wir entscheiden uns, doch los zu fahren, aber in kurzen Etappen. Wir haben einen Veloweg entlang des Flusses Vardar gefunden, dem wir bis zu dessen Ende nach ca. 10 km bis über den Stadtrand hinaus folgen. Interessant: viele Pendler aus den Vororten kommen uns mit den Velos entgegen. Später müssen wir dann auf die Strasse 1102, wo anfänglich ein starker Verkehr herrscht, der sich dann später auflöst. Gleich drei Mal kreuzen kleine Schildkröten die Strasse. Wir nähern uns einer, die sofort den Kopf einzieht, als sie die Erschütterungen spürt. Nach längerer flotter Fahrt durch die Ebene geht’s tüchtig in die Berge. Gleichzeitig kommt die Mittagshitze und wir müssen häufig Trinkpausen einlegen. Erhitzt erreichen wir den Mladost-See mit einem Restaurant, dessen Terrasse sich unter riesigen Platanen befindet, die etwas Kühle spenden. Wir erholen uns mit einer Suppe und Getränken. Den Rest nach Veles schaffen wir dann. Glücklicherweise stimmen die Angaben von Booking.com, so dass wir das Hotel nicht lange suchen müssen. Dass dies eine Ausnahme ist, wird sich sicher bald wieder zeigen…

Vor dem Hotel treffen wir Michael, einen hageren, freundlichen Mann in unserem Alter, der schon sieben Jahre mit dem Velo rund um den Globus unterwegs ist. Michael zu treffen, ist wie einen Schatz finden: wir haben ein herzliches Gespräch, in dem er uns bescheiden und unaufdringlich seine Erfahrungen auch aus den Ländern entlang der Seidenstrasse mitteilt, u.a. dass man eine Kontaktperson in Aserbeidschan für ein Visum benötigt. Er zeigt aber auch grosses Interesse an unseren Velotouren. Interessant ist auch, dass er sich unterwegs nicht auf die Elektronik verlässt; Kompass und Karte sind seine Navigationsmittel. An den Abenden jedoch sucht er sich die Routen am PC aus wie wir.


Stadtbesichtigung Skopjie    06.08.2019

Bevor wir zur Stadtbesichtigung aufbrechen, suchen wir ein Mobile Geschäft auf, um eine mazedonische Sim-Karte zu kaufen. Für die 10 MB von Gestern, bei der Suche nach dem Budget Rent a Car Büro, hat uns Salt 150 Fr. belastet. Eine Monatskarte hier kostet ca. 7.50 Fr. Trotz der tiefen Preise muss die mobile Telefonie ein gutes Geschäft sein, denn am „Mazedonien Platz“ stehen gleich zwei protzige Marmor-Glaspaläste, eines von T-Mobile und das andere von Huawei.

Die kleinen Leute stehen andererseits Schlange, um ihre Abogebühren zu begleichen. 

Der Mazedonien Platz ist voll von wuchtigen Bronzestatuen von Grössen wie Alexander der Grosse und anderen Helden. Gemessen an der Grösse und Anzahl dieser Monumente müsste das Land heute prosperieren!

Wir überqueren die Steinbrücke über den Fluss Vardar, der die Altstadt mit dem neuen Stadtteil verbindet. Schon die Römer legten die Fundamente für die Brücke. Bereits im 15. Jahrhundert erhielt die Brücke ihr heutiges Aussehen. 

Wir schlendern durch den „Old Bazar“ im alten Skopjie. Moscheen, Minarette und verschleierte Frauen – pure orientalische Stimmung! Es ist Zeit für einen türkischen Kaffee... 

Wir steigen auf die „Festung Kale“. Leider ist hier, ausser der herrlichen Aussicht auf die Stadt, nichts zu sehen. Keine Info-Tafeln rein gar nichts, nur Gestrüpp und viel Abfall. Anders als in Serbien hat hier die Abfallentsorgung noch nicht Einzug gehalten… 

Steinbrücke
Steinbrücke

Überquerung von Bergen und der Grenze nach Mazedonien     05.08.2019

Fahrt mit dem Mietwagen über die Wasserscheide zwischen dem Donaubecken und der Ägäis. Dies war der ursprüngliche Anlass: Das einsame und sehr hügelige Gebiet, das die Wasserscheide bildet, ohne allzu grosse Strapazen zu überwinden. Wir verlassen Lescovac in Richtung Skopje und nehmen die nigelnagelneue Autobahn E80 / A1, die durchaus mit den neusten schweizerischen Autobahnen mithalten kann in der Ausführung. Der Morava-Fluss, dem wir seit Smederevo treu gefolgt sind, wird zum Gebirgsbach und die Landschaft entsprechend hügelig. Nach dem Übergang in den Süden wird die Landschaft zahmer und die Vegetation trockener. Nach einer gefühlten halben Stunde haben wir die Zollkontrollen für die Aus- und Einreise nach Mazedonien hinter uns gebracht und wir kehren in einer Raststätte ein. Etwas bedrückt nehmen wir drei sehr junge Bettlerinnen, zwei davon mit Bébés unter dem Arm, wahr, die die Durchreisenden um Geld bitten. Die Szene wiederholt sich dann in Skopje, wo ein Junge am späten Abend den Gästen in den Restaurants Ballone verkaufen will. Sehr stark beeindruckt (eher geschockt) hat uns bei der Einfahrt in die Stadt der Fensterputzer, der unsere Frontscheibe an einem Rotlicht in Windeseile putzt und sehr bestimmt einen Euro dafür verlangt, was wir wohl, oder übel gewähren – war wohl besser so... So spontan kommt uns Skopje im Vergleich zu Serbien ärmlicher vor. Dies bestätigt auch die Beobachtung am Bankomat: Ein gereifter Mann hebt einen Betrag von ca. 25 Franken ab.

Ja, da ist noch die über eine Stunde dauernde Odyssee mit den ungenauen Adressangaben der Autovermietung, bei der wir unseren treuen Renault zurückbringen. Drei Mal umkurven wir Quartiere im Südwesten des Zentrums, um immer wieder am Parkhaus eines Einkaufszentrums vorbeizufahren, das nicht beschildert ist. Nach gefühlten zwanzig Linksabbiegern im hektischen Verkehrsgewusel, das uns eher an Delhi, als an Europa erinnert, kann ich als Fahrer das Auto schliesslich erschöpft, aber auch erleichtert, in der gesuchten Parkhalle unversehrt abstellen. Wir geniessen den krönenden Abschluss, mit den gepackten Velos durch einen Teil von Skopje zum Hotel Park über teilweise richtige Velowege zu fahren.